I) Vorbemerkung
Zahlreiche Rückmeldungen von Menschen mit einem Bedarf an außerklinischer Intensivpflege (AKI) an die unterzeichnenden Verbände machen deutlich, dass die Umsetzung des Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetzes (GKV-IPReG) auf unterschiedlichen Ebenen zunehmend zu Rechtsunklarheit sowie zu Fehlentwicklungen, Leistungsverschiebungen und Versorgungsproblemen führt. Diese Folgen sind vor allem dadurch bedingt, dass nunmehr gesetzlich höhere Qualifikationsanforderungen für diejenigen Ärzt:innen und Pflegekräfte vorgesehen sind, die Patient:innen mit AKI-Bedarf versorgen dürfen und gleichzeitig ein Mangel an entsprechenden Fachkräften herrscht. Darüber hinaus haben sich die Rahmenbedingungen, unter denen das GKV-IPReG im Jahr 2020 beschlossen wurde, u.a. aufgrund der Entwicklung im Krankenhaussektor, inzwischen deutlich zu Lasten von Patient:innen mit AKI-Bedarf verschlechtert. Dadurch beteiligen sich z.B. bislang zu wenige Krankenhausärzt:innen an der Versorgung dieser Personengruppe. Auch hat die Corona-Pandemie zu einer weiteren Überlastung bei den Pflegefachkräften geführt und damit die Ausstiegstendenzen in diesem Beruf verstärkt. Der Fachkräftemangel in diesem Sektor hat sich dadurch noch einmal verschärft.
Die unterzeichnenden Verbände nehmen die besorgniserregenden Rückmeldungen der Betroffenen und unzureichende Entwicklungen in der Versorgungslandschaft zum Anlass, um auf Missstände aufmerksam zu machen und die sich hieraus ergebenden gesetzgeberischen Handlungsbedarfe aufzuzeigen.
II) Das GKV-IPReG und die Umsetzungsschritte auf untergesetzlicher Ebene
Das sehr umstrittene GKV-IPReG wurde am 23. Oktober 2020 vom Bundestag beschlossen. Betroffen von dem Gesetz sind etwa 22.500 Menschen mit einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege. Diese haben Anspruch auf AKI. Wie auf der Intensivstation eines Krankenhauses muss ihr Gesundheitszustand rund um die Uhr beobachtet werden und im Falle von lebensbedrohlichen Situationen jederzeit ein rettender Eingriff möglich sein.
Für die AKI wurde mit dem GKV-IPReG eine neue Regelungssystematik geschaffen. Die AKI, die bislang Bestandteil der in § 37 SGB V geregelten "Häuslichen Krankenpflege" war, wurde aus § 37 SGB V ausgegliedert und in die neue Regelung des § 37c SGB V überführt. Aufgrund dieser neuen Systematik haben gesetzlich Versicherte mit Intensivpflegebedarf künftig grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf häusliche Krankenpflege, sondern können nur noch AKI nach der Spezialvorschrift des § 37c SGB V erhalten.
Das GKV-IPReG trat in wesentlichen Teilen zum 29. Oktober 2020 in Kraft und bedurfte zu seiner praktischen Umsetzung weiterer konkretisierender Regelungen auf der untergesetzlichen Ebene. Dazu gehören insbesondere:
- Die Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie (AKI-RL): Diese wurde am 19. November 2021 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossen, ist am 18. März 2022 in Kraft getreten und wird zum 31. Oktober 2023 endgültig wirksam.3 Die AKI-RL regelt u.a., für welchen Personenkreis AKI verordnet werden darf (§ 4 AKI-RL), welche Ärzt:innen die Leistung verordnen dürfen (§ 9 AKIRL) und welche Ärzt:innen zur sogenannten Potenzialerhebung befugt sind (§ 8 AKI-RL). Der G-BA hat am 20. Juli 2023 die erste Änderung der AKI-RL beschlossen,4 die vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) nicht beanstandet wurde und am 15. September 2023 in Kraft getreten ist.
Die gesamte Stellungnahme steht Ihnen als Download zur Verfügung.