Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung haben intensiv in der Arbeitsgruppe "SGB VIII: Mitreden-Mitgestalten" des BMFSFJ mitgewirkt und sich schon seit langem dafür ausgesprochen, die Zuständigkeit für alle jungen Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung einheitlich unter dem Dach des SGB VIII (sogenannte "inklusive Lösung") anzusiedeln. Dies betrifft vor allem die Eingliederungshilfeleistungen für junge Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung, die bisher dem SGB IX zugeordnet sind. Für diese schafft das Gesetz mit dem Vorrang der Kinderund Jugendhilfe in § 10 Abs. 4 eine aus fachlicher und rechtssystematischer Sicht maßgebliche Weichenstellung für eine inklusive Gesellschaft, die alle Kinder und Jugendlichen, ob mit oder ohne Behinderung, gleichermaßen teilhaben lässt. Die Fachverbände begrüßen daher die anvisierte inklusive Lösung außerordentlich.
Die Fachverbände hätten sich jedoch mehr Verbindlichkeit mit Blick auf die notwendigen Rahmenbedingungen gewünscht, wie die Eingliederungshilfe des SGB IX Eingang in das SGB VIII finden kann. Dazu gehört nicht nur das Verständnis der Bedeutung von Teilhabe und Behinderung, sondern auch die Frage, wie Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe sich als lernende Systeme begegnen und voneinander auf dem Weg zur inklusiven Lösung profitieren können. Wichtig ist, dass die Rahmenbedingungen für die Zusammenführung der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe für junge Menschen mit Behinderung so gestaltet werden, dass die individuellen Ansprüche umfassend erhalten bleiben und Leistungsverschlechterungen ausgeschlossen sind.
Besonders begrüßen die Fachverbände für Menschen mit Behinderung daher die Teile des Referentenentwurfs, die schon vor dem 01.01.2028 die inklusive und barrierefreie Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe unterstützen und vorantreiben. Auch bisher unterscheiden viele Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nicht zwischen seelischer, geistiger und körperlicher Behinderung und sind damit bisher für alle jungen Menschen mit Behinderung und ihre Familien zugänglich. In der Praxis haben Eltern mit ihren Kindern mit Behinderung aber kaum Zugang zu dem System der Kinder- und Jugendhilfe aufgrund der mangelnden Barrierefreiheit und inklusiven Ausrichtung gefunden, so dass eine ausdrückliche Festlegung notwendig ist. Aus Sicht der Fachverbände für Menschen mit Behinderung sollten alle niedrigschwelligen Beratungsleistungen der Kinder- und Jugendhilfe wie zum Beispiel auch die Erziehungsberatung ab dem 01.01.2021 inklusiv, das heißt barrierefrei und in für Menschen mit Behinderung wahrnehmbarer Form, ausgerichtet werden.
Es wird angeregt, in die wissenschaftliche Untersuchung nach Ar. 9 Abs. 2 die Expertise der Eltern von jungen Menschen mit Behinderung einzubeziehen.
Die Stellungnahme zu den einzelnen Regelungen können Sie unten als Dokument herunterladen.