A. Zusammenfassung und einleitende Bemerkungen
Der Deutsche Caritasverband bedankt sich für die Möglichkeit einer Stellungnahme zur Formulierungshilfe eines Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor Covid 19, die er gemeinsam mit seinen Fachverbänden Katholischer Krankenhausverband (kkvd), dem Verband Katholischer Altenhilfe (VKAD), dem Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP), dem Caritas Bundesverband Kinder- und Jugendreha, der Caritas Suchthilfe (CaSu), der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Müttergenesung, dem Bundesverband Caritas Kinder- und Jugendhilfe (BVkE), dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), dem Sozialdienst katholischer Männer (SKM), der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (KAGW) sowie dem Katholischen Forum Leben in der Illegalität, abgibt. Aufgrund der Kurzfristigkeit der Zuleitung dieser Formulierungshilfe und der damit eingeschränkten Möglichkeit einer intensiven Prüfung des Entwurfs behält sich die Caritas eine ausführlichere Stellungnahme nach Fristablauf für die Abgabe dieser Stellungnahme vor. Zusammengefasst bewertet die Caritas die zentralen Inhalte der Formulierungshilfe, wie folgt:
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Die Caritas begrüßt die neue Gliederung des IfSG im Bereich der Hygienevorschriften, die nach medizinischen Einrichtungen (§ 34 IfSG), Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe (§ 35 IfSG) sowie Gemeinschaftseinrichtungen (§ 36 IfSG) differenziert und die entsprechenden Vorschriften des IfSG umstrukturiert.
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Bei den medizinischen Einrichtungen (§ 34 IfSG) werden die Anforderungen an die Hygienevorschriften nach stationären und ambulanten Einrichtungen differenziert, was die Caritas als sachgerecht bewertet. Jedoch müssen Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen, soweit sie keine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erbringen, nach dem Gleichheitsgrundsatz ("Gleiches gleich, Ungleiches ungleich") anders behandelt werden als Krankenhäuser.
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Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe (§ 35 IfSG) unterliegen bereits gegenwärtig umfänglichen Hygienevorschriften, die in Qualitätsprüfungen nach dem jeweiligen Sozialgesetzbuch sowie ordnungsrechtlich geprüft werden. Auch gelten bereits heute die relevanten Empfehlungen der KRINKO nach § 23 Absatz 1 IfSG. Die Caritas unterstützt jedoch ausdrücklich die Verankerung von Vorschriften zur Etablierung von hygienebeauftragten Fachpersonen und Verfahrensweisen im Infektionsschutzgesetz. So haben die Ergebnisse aus dem Personalbemessungsinstrument nach § 113c SGB XI, die noch vor Ausbruch der Pandemie veröffentlicht wurden, gezeigt, dass den Pflegeeinrichtungen faktisch zu wenig Personalkapazität zur Verfügung steht, da die Kostenträger die Freistellung der Hygienefachkraft nicht zugestanden haben. Dies muss im Rahmen der Umsetzung des § 113c SGB XI ebenso geändert werden wie die pflegegradunabhängige Bemessung der Personalkapazität. Es war allein dem Pflegeschutzschirm zu verdanken, dass die Pflegeeinrichtungen, die in der Pandemie erheblich gestiegenen Anforderungen an die Hygiene und Infektionsprävention bewältigen konnten. Die Einrichtungen der Eingliederungshilfe konnten nicht von einem solch komfortablem Schutzschirm profitieren, sondern mussten die Hygienemaßnahmen jeweils mit dem Kostenträger vereinbaren. Auch in der Eingliederungshilfe muss das hygieneverantwortliche Fachpersonal künftig finanziert werden. Die Caritas weist des Weiteren darauf hin, dass die Sicherstellung der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen oder Menschen mit einer Behinderung mit antiviralen Therapeutika im Rahmen der regulären Durchführungsverantwortung für die ärztliche Versorgung durch die entsprechende verantwortliche Pflegefachperson bzw. Bezugsfachperson bzw. Bereichsleitung erfolgt. Diese Aufgabe kann nicht an eine Hygienefachkraft übertragen werden. Daher ist die Regelung aus § 35 IfSG zu streichen.
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Zu § 36 IfSG a.F. und in weiten Teilen auch n.F. hat die Caritas vielfach im Rahmen der Test- und Impfverordnung Stellung genommen. Sie hat nicht dabei eine Novellierung der aus den 60er Jahren stammenden Terminologie der Einrichtungsformen angemahnt. So sollte z.B. der Begriff "Heim" nicht mehr verwendet werden. Auch ist immer wieder unklar, ob und wie die Einrichtungen und Dienste im Rahmen der hospizlichen und Palliativversorgung im Infektionsschutzgesetz abgebildet sind. Ein weiteres Beispiel ist der Begriff der "Obdachlosenunterkunft". Diese Einrichtungsform stellt nur einen Teilausschnitt der Einrichtungen und Dienste der Wohnungslosenhilfe dar, umfasst aber nicht die für wohnungslose Menschen in der Mehrzahl so wichtigen Einrichtungen der Hilfen nach § 67 SGB XII, in Einrichtungen mit existenzunterstützenden Angeboten zur Versorgung, Hygiene oder medizinischen Versorgung Wohnungsloser. Die Caritas hat ebenfalls in ihren Stellungnahmen zur Impf- und Testverordnung immer wieder darauf hingewiesen, dass die Menschen in aufenthaltsrechtlicher Illegalität teils in prekären Wohn- und Lebensverhältnissen ebenfalls zu den hochvulnerablen Personengruppen zählen und gefordert, dass für die Impfungen und Testungen die Meldepflichten nach § 87 AufenthG nicht zur Anwendung kommen dürfen. Neben diesen wichtigen Hinweisen für eine grundlegende Novellierung des § 36 IfSG, die jedoch nicht im Rahmen dieses Gesetzes vorgenommen wird, sieht die Caritas an § 36 IfSG keinen Änderungsbedarf betreffend die Hygienevorschriften
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Die Caritas begrüßt nachdrücklich, dass die Vereinbarungen von Vergütungen der Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen nach dem SGB V, die den pandemiebedingten Mindererlösen und Mehraufwendungen Rechnung tragen sollen, nunmehr sowohl entfristet als auch als Sonderregelungen für künftige Sondersituationen im Rahmen von bedrohlichen übertragbaren Krankheiten mit epidemischem Potenzial gelten sollen. Die Entfristung soll zum 24. September 2022 erfolgen. Gleichzeitig endet der durch Verordnung auf dieser gesetzlichen Grundlage geregelte Vergütungsanspruch mit Ablauf des 30. Juni 2022. Die Caritas und ihre Fachverbände für die Rehabilitation setzen sich daher seit Wochen vehement für eine Verlängerung dieser Verordnung ein. Wird die Verordnung nicht verlängert, entsteht eine Vergütungslücke zwischen dem 1. Juli und dem 23. September 2022, die Einrichtungen von Insolvenz bedrohen kann.
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Die Entfristung der Entschädigungsregelungen für die Betreuung von Kindern und Menschen mit Behinderung in § 56 Absatz 1a IfSG wird begrüßt. Allerdings sollte überdacht werden, ob Schulschließungen oder die Aufhebung des Präsenzunterrichts, die niemand beabsichtigt und angesichts der Schäden für die Kinder und Jugendliche, die dadurch entstanden sind, auch nicht beabsichtigen darf, nicht prophylaktisch als Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Regelung erhalten bleiben sollte.
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Die Caritas begrüßt die Verlängerung der Impfverordnung, die auch eine Aufrechterhaltung der Basisstruktur der Impfzentren ermöglicht, bis zum 30. April 2023 nachdrücklich. Nach dem Scheitern der Ausweitung der Impfpflicht über die einrichtungsbezogene Impfpflicht hinaus, gilt es, die Impfquoten mit allen verfügbaren Mitteln zu steigern. Des Weiteren waren die mobilen Impfteams eine wichtige Ressource, um die Impfungen in den stationären Pflegeeinrichtungen und in der Eingliederungshilfe durchzuführen.
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Die Caritas lehnt die Streichung des Anspruchs auf COVID-19 Impf-, Genesenen- und Testzertifikate ab, die möglich ist, wenn nationale oder europäische Regelungen die Zertifikate nicht mehr vorschreiben. Die Zertifikate sind wichtig, um den Zugang von Menschen zu Diensten und Einrichtungen vulnerabler Personengruppen und damit soziale Teilhabe zu ermöglichen. Zudem ist der Impfnachweis in Deutschland bislang nicht mit Gebühren verbunden gewesen. Dies muss auch in Zukunft gewährleistet sein.
Die ganze Stellungnahme steht ihnen zum Download zur Verfügung.