0. Zusammenfassung
Die Caritas schlägt zur Verbesserung der Versorgung an der "Schnittstelle der Behandlung zur Teilhabe an Arbeit, Beschäftigung und Bildung" folgende Maßnahmen vor, die noch näher erläutert werden:
- frühzeitige Bedarfserkennung im SGB V verankern und refinanzieren, Kooperation ausbauen;
- Behandlungsleistungen (Heilbehandlung und med. Rehabilitation) stärker im Hinblick auf individuelle Ziele zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgestalten;
- auf die gesonderte Prüfung einer abstrakten "Rehabilitationsfähigkeit" ist in allen Systemen zu verzichten;
- Flexibilisierung und Vernetzung der Angebote zur Behandlung und Teilhabe, individuelles Teilhabemanagement einführen; • Ausbau ambulanter, mobiler und aufsuchender Rehabilitationsangebote - auch als Anschlussrehabilitation;
- Recovery-Perspektive und Supported Employment;
- Einführung einer "teilweisen Arbeitsunfähigkeit”, um Teilhabe an beruflicher Bildung Arbeitsleben bereits neben der Heilbehandlung zu ermöglichen;
- weiterer Ausbau des Budgets für Arbeit;
- frühzeitige und verbindliche Beteiligung von Integrationsfachdiensten;
- Assistenzleistungen zur Sozialen Teilhabe (§ 78 SGB IX) flankierend einsetzen;
- Vernetzung mit Anbietern der WfbM (Eingangsbereich) und "Zuverdienstmöglichkeiten" als Optionen, wenn sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht oder noch nicht gelingt.
1. Ausgangslage
Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sind oft neben den Herausforderungen durch die Symptome ihrer Erkrankung auch mit dem Risiko sozialer Ausgrenzung konfrontiert (vgl. Deutscher Bundestag 2021, S. 90). Ein Teil von ihnen ist vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Laut einer Umfrage der Bundesregierung gaben 35 Prozent (im Alter von 16 bis unter 65 Jahren) mit schweren seelischen oder psychischen Problemen an, nicht erwerbstätig zu sein. Weitere 14 Prozent meldeten Arbeitslosigkeit (vgl. ebd., S. 241 und 244). Psychische Erkrankungen gehen daher oft mit einem erhöhten Armutsrisiko einher (vgl. Steinhart 2017, S. 6). 1 Kinder und Jugendliche mit psychischer Erkrankung weisen häufig lange Fehlzeiten in Schule und beruflicher Bildung auf und können Lernrückstände, die aufgrund der oft langwierigen medizinischen Behandlung entstehen, kaum noch aufholen. Auch für sie ist das Armutsrisiko erhöht.
Viele Betroffene benötigen aus verschiedenen Bereichen des Versorgungssystems Unterstützung - gleichzeitig oder nacheinander, jedenfalls nahtlos miteinander verbunden. Es ist eine Herausforderung, Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen bei der Rückkehr in Schule, berufliche Bildung und Arbeitsleben zu unterstützen oder sie im Bildungsweg oder im Arbeitsleben zu halten. Hierfür ist in der Regel eine zügige und engmaschige Begleitung erforderlich. Um für den Personenkreis die Teilhabe an Schule, Arbeitsleben und beruflicher Bildung umfassend und nachhaltig zu fördern, muss der in § 4 Abs. 2 Satz 2 SGB IX formulierte Auftrag umgesetzt werden. Die Leistungsträger sollten Leistungen zur Teilhabe im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften nach Lage des Einzelfalls so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität erbringen, dass Leistungen eines anderen Trägers möglichst nicht erforderlich werden. Zudem müssen Zugangswege und Versorgungsketten optimiert werden und die medizinische und berufliche Rehabilitation besser koordiniert werden. Rehabilitationsmaßnahmen müssen langfristig angelegt sein und eine enge Verzahnung von medizinischer Behandlung und sozialpsychiatrischen Unterstützungsangeboten gewährleisten, um erzielte Fortschritte langfristig zu sichern.
2. Gesetzlicher und untergesetzlicher Regelungsrahmen
Das Regelungssystem des SGB IX richtet sich ausschließlich an die Rehabilitationsträger nach § 5 SGB IX. In seinem Zusammenspiel mit den Leistungsgesetzen der einzelnen Rehabilitationsträger ist es komplex und wird der Stellungnahme deshalb zusammenfassend vorangestellt.
Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind in den §§ 49 ff. SGB IX geregelt. Während § 49 SGB IX in seinem Absatz 1 die Ziele der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben benennt, enthält Absatz 3 einen nicht abschließenden Katalog an Leistungen (angezeigt durch das Wort "insbesondere"), die im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden.
Die gesamte Stellungnahme steht Ihnen als Download zur Verfügung.