Dienste und Einrichtungen der Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie sind bei der Fortentwicklung des Infektionsschutzgesetzes, das ab 1. Oktober 2022 gelten soll, nicht ausreichend berücksichtigt worden. Dabei benötigen sie zwingend finanzielle Absicherung, wenn die Verpflichtungen zu Impfungen und Testungen von Bewohner:innen und Gästen sowie zur Einhaltung bestimmter Hygieneanforderungen erfüllt werden sollen - sonst ist die Existenz der Angebote für Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen gefährdet.
Hintergrund ist der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19, den das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium der Justiz (BMJ) unter Beteiligung des Bundeskanzleramtes erarbeitet und am 24. August vorgelegt haben. Die Beratung von Änderungsanträgen in einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses, die am Dienstag stattfand, brachte hinsichtlich der erwarteten zusätzlichen Belastungen keine wesentlichen Änderungen mehr.
Das neue Infektionsschutzgesetz enthält für Dienste und Einrichtungen der Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie unter anderem Verpflichtungen zu Impfungen und Testungen von Bewohner:innen und Gästen sowie zur Einhaltung bestimmter Hygieneanforderungen. Diese bedeuten jedoch einen erheblichen personellen wie organisatorischen Mehraufwand, der von den Leistungsanbietern für Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten nicht zu leisten ist, zumal diese ohnehin schon unter einer angespannten Personalsituation leiden.
Im Unterschied zu Pflegeeinrichtungen sind für Dienste und Einrichtungen der Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie im Gesetzentwurf keine finanziellen Absicherungen vorgesehen. Die Zahlung von Zuschlägen für die erforderlichen Maßnahmen erfolgt nur, wenn der Deutsche Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite beschließt, was jedoch vorerst nicht zu erwarten ist. Damit läuft der Schutzschirm vollkommen ins Leere und gefährdet die Existenz der Angebote für Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen.
Problematisch ist auch die generelle Bewertung von Menschen mit Behinderungen als vulnerabel; dies wird der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen nicht gerecht. Daher sind vor Ort Umsetzungsspielräume hinsichtlich der vorgesehenen Test-, Impf- und Maskenpflichten erforderlich.
Mit dem neuen Infektionsschutzgesetz soll, wie schon in den Vorjahren dem für Herbst und Winter erwarteten Anstieg von COVID-19-Fällen und der befürchteten Belastung des Gesundheitssystems begegnet werden. Die derzeitigen Sonderregelungen sind bis zum 23. September 2022 befristet, die fortentwickelten Anschlussregeln sollen vom 1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023 gelten.