Vorbemerkung
Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung bedanken sich für die
Möglichkeit, zu dem Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit
Stellung nehmen zu dürfen.
Voranstellen möchten die Fachverbände für Menschen mit Behinderung den Hinweis, dass gerade auch die Betreuung, Unterstützung, Pflege und Begleitung von Menschen mit Behinderung in erheblichem Maße vom Fachkräftemangel bedroht ist. Mancherorts müssen ambulante Pflegedienste schließen, weil die erforderlichen Fachkräfte nicht mehr zu finden sind und Menschen, die u.a. auf Pflege angewiesen sind, Kündigungen von ihren Pflegediensten ohne Aussicht auf ein neues ambulantes Angebot erhalten.
Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung halten vor diesem Hintergrund die vorgeschlagene Regelung des § 15a SGB V-neu für höchst problematisch. Denn nach dem Wortlaut der Regelung dürfte die Erbringung von Pflegeleistungen künftig ausschließlich durch Pflegefachpersonen erlaubt sein. Würde dies Gesetz werden, könnte eine Vielzahl an pflegerischen Angeboten, die bspw. auf die Erbringung von Pflege durch Pflegehelfer*innen elementar angewiesen sind, in Zukunft nicht mehr erbracht werden.
Die Fachverbände für Menschen mit Behinderungen sind überzeugt, dass in Zeiten eines so massiven Fachkräftemangels nicht neue Vorgaben, sondern vielmehr Flexibilisierung und weniger Bürokratie erforderlich sind, um den bestehenden pflegerischen Bedarfen der Menschen mit und ohne Behinderung gerecht zu werden.
Zu begrüßen ist, dass mit dem vorliegenden Entwurf die Rahmenbedingungen der professionell Pflegenden verbessert und die Kompetenzen der Pflegefachpersonen stärker genutzt werden sollen, um den Beruf attraktiver zu machen und so mehr Berufsanfänger*innen für den Pflegeberuf zu gewinnen. Notwendig wäre in diesem Zusammenhang auch eine Stärkung der Kompetenzen von Heilerziehungspfleger*innen bzw. deren Anerkennung als Pflegefachpersonen der Eingliederungshilfe. Bislang kommen sie gem. § 71 Abs. 3 S. 2 SGB XI nur in ambulanten Pflegeeinrichtungen als Pflegefachperson in Betracht. Eine solche Differenzierung ist weder nachvollziehbar noch angemessen, vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels. Um ausreichende Fachkenntnisse und Fähigkeiten von Heilerziehungspfleger*innen für den Einsatz in der Pflege sicherzustellen, sollten bundeseinheitliche Anforderungen formuliert werden, die direkt in der Ausbildung oder über zertifizierte Weiterbildungen erfüllt werden können.
Auch der Ansatz des Entwurfs, wonach mit dem geplanten Gesetz die pflegenden Angehörigen z. B. durch strukturelle Veränderungen stärker entlastet werden sollen, ist positiv zu bewerten. Eine besondere Rolle spielen dabei die Kommunen und zunehmend auch die Einzelhelfer*innen. Im Kontext Angebote zur Unterstützung im Alltag sollten nach Meinung der Fachverbände für Menschen mit Behinderung Mittel der Tages- und Nachtpflege für die Nutzung von Angeboten zur Unterstützung im Alltag ohne Beschränkung auf regelmäßige Gruppenangebote verwendet werden dürfen.
Ein wichtiger Aspekt des Entwurfs ist ferner, dass der Prävention von Pflegebedürftigkeit in Zukunft eine größere Bedeutung beigemessen werden soll.
Über den Entwurf des PKG hinaus regen die Fachverbände für Menschen mit Behinderung eine Anpassung des § 120 SGB XI (ambulante Pflegeverträge) dahingehend an, dass eine Kündigungsfrist für die Dienste gegenüber den Pflegebedürftigen eingeführt wird. Nach Information der Fachverbände für Menschen mit Behinderung kommt es mitunter zu Kündigungen durch die Dienste, teilweise auch mit einer kurzen Frist, innerhalb der die Pflegebedürftigen so schnell keinen neuen Dienst finden können. Dem ist Einhalt zu gebieten. Da unklar ist, wann die dazu geplante Gesetzesänderung kommt, sollte eine entsprechende Neuregelung vorgezogen werden. Hierfür bietet sich das PKG an.
Außerdem fordern die Fachverbände für Menschen mit Behinderung, dass Pflegebedürftigen Listen der zur Verfügung stehenden Angebote zur Unterstützung im Alltag standardmäßig zur Verfügung gestellt werden und Pflegebedürftige diese nicht erst anfordern müssen, vgl. § 7 Abs. 3 s. 1 SGB XI, vgl. auch die u. s. Ausführungen zu § 7a und § 37 Abs. 3a SGB XI/E.
Die vollständige Stellungnahme steht Ihnen als Download zur Verfügung.
Die fünf Fachverbände für Menschen mit Behinderung repräsentieren ca. 90 % der Dienste und Einrichtungen für Menschen mit geistiger, seelischer, körperlicher oder mehrfacher Behinderung in Deutschland. Ethisches Fundament der Zusammenarbeit der Fachverbände für Menschen mit Behinderung ist das gemeinsame Bekenntnis zur Menschenwürde sowie zum Recht auf Selbstbestimmung und auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft. Ihre zentrale Aufgabe sehen die Fachverbände in der Wahrung der Rechte und Interessen von Menschen mit geistiger, seelischer, körperlicher oder mehrfacher Behinderung in einer sich immerfort verändernden Gesellschaft.